Kletzenbrot

Vom bäuerlichen Restemix zum Klassiker an Weihnachten

Saftig, süß – aber nicht zu süß – und das pure Weihnachtsgefühl im Mund, das ist ein Bissen Kletzenbrot. Dabei ist es im Grunde eine Art Resteverwertung, weil man Lebensmittel nicht verkommen lassen wollte, wie Bernhard Senkmüller erzählt. Er ist gelernter Koch und Landwirt, Genussbotschafter für die Region Niederbayern und damit Fachmann für die winterliche Leckerei. Schon als Bub hat er selbst Birnen geklaubt. Sie wurden im Holzbackofen zu Hutzeln getrocknet und im Brot verbacken. Richtig verpackt, war es den ganzen Winter über haltbar.

Doch Kletzenbrot habe auch viel mit Brauchtum zu tun – in mehrerlei Hinsicht. Traditionell wurde es zum Abschluss der bäuerlichen Feld- und Gartenarbeit um den Andreastag (30. November) herum gebacken. Dann begannen auch die sogenannten Klöpfelnächte: Maskierte Burschen wurden zum Klöpfeln auf die Felder geschickt. Das Herumhüpfen und Singen sollte den Boden fruchtbar machen und Geister und Dämonen vertreiben. Zum Dank erhielten sie etwas Kletzenbrot. Sogar den Tieren des Hofes gab man es als „Maulgabe“, damit diese gesund blieben.

Jetzt wird’s romantisch
Besonders cool findet Bernhard Senkmüller die romantische Komponente des Kletzenbrots: Schenkte ein junger Busch einem Madl Kletzenbrot, kam dies einem Heiratsantrag gleich. Mit einem Wecken als Verlobungsgeschenk wünschte man dem verliebten Paar Glück.
Apropos Glück: Auch als Orakel machte sich das Brot gut. War der Anschnitt an Heilig Abend glatt, standen die Dinge gut und der Wohlstand
der Familie schien gesichert. War er rau, konnte das die Absage eines Eheversprechens oder eine Dürre im Folgejahr bedeuten. „Statt Instagram
hat damals in der Winterzeit halt das Kletzenbrot zur Zerstreuung herhalten dürfen“, sagt Senkmüller. Viel dürfte an der Orakelei jedoch
nicht drangewesen sein. „Für mich hängt der Anschnitt von der Güte des Getreides oder von seinem Mahlgrad ab.“

Grundzutaten aus der Heimat
Für Kletzenbrot braucht es im Wesentlichen nicht viele Zutaten, wie Senkmüller sagt: „Mehl, dazu Nüsse, Dörrobst und ein Backtriebmittel“, also Sauerteig, Backpulver oder Hefe. „Die Grundzutaten spiegeln unsere Landschaft wider, die Felder und die Streuobstwiesen. Es gibt alles bei uns vor der Haustür.“ Dazu passen Zitrusnoten und Zimt. Es können aber auch unkonventionelle Zutaten im Teig landen – etwa aus Euphorie gekaufte, im Schrankerl nach hinten gerutschte Chia- oder Hanfsamen. „Damit tut man auch heute noch was gegen die Lebensmittelverschwendung“, sagt Senkmüller.

Rezept für ein klassisches Kletzenbrot
Zur Verfügung gestellt von Bernhard Senkmüller und der
Genussregion Niederbayern

Für den Teig:
600g Kletzen (Dörrbirnen)
800g Dörrzwetschgen
150g Sultaninen
150g Haselnüsse, grob gehackt
300g Walnüsse, grob gehackt
etwas Rum
1 ½ Orangen, Saft und Schale
1 ½ Zitronen, Saft und Schale
1 ½ Msp. Backpulver
1 ½ TL Zimt
Nelken, gemahlen
Ingwer, gerieben
Piment
375g (Roggen-)Mehl
150g flüssige Butter
3 Eiklar
Salz

Zum Verzieren: evtl. geschälte Mandelplättchen

Zubereitung:
Das gesamte Trockenobst in Rum einlegen und für 2 Stunden ziehen lassen. Anschließend abtropfen lassen und mit den übrigen Zutaten zu einem Teig verkneten. Den Teig zugedeckt gut eine Stunde ruhen lassen.
Den Teig zu 2 Brotwecken formen, mit Eiklar oder Milch bestreichen und nach Belieben mit Mandelplättchen verzieren. In die Mitte mit einer Probiernadel einige Löcher einstechen. Bei 150 Grad ca. 80 Minuten backen.

Tipp: Das Kletzenbrot wird erst nach ein paar Tagen oder Wochen richtig saftig. Dann entfalten die Gewürze ihr volles Aroma. Am besten lagert man es kühl, in Pergamentpapier eingewickelt in einem Tontopf.

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von Dr. Marina Jung

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