Der perfekte Klang
Auf der ganzen Welt bekannt: Geigenbau Goldfuss Regensburg
Der Klang einer Geige kann verzaubern. Wenn ein Virtuose das Pferdehaar des Bogens über die Saiten streicht, entstehen Melodien, die einen zu Tränen rühren oder einem einen Schauer über die Haut jagen können. Dabei erscheint das hölzerne Instrument in seinen Händen vollkommen zu sein – von der Schnecke bis zum Boden.
In der Werkstatt von Geigenbau Goldfuss in Regensburg entstehen neue, einzigartige Streichinstrumente, die weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt sind. Ebenso werden hier Geigen aus aller Welt repariert und restauriert. Horst Goldfuss und sein Sohn Thomas leiten das Geschäft in zweiter und dritter Generation. Im Interview sprechen die beiden Geigenbaumeister über den perfekten Klang, ihren Kundenkreis und den Wert dieses klangvollen Musikinstruments.
„Goldfuss“ ist ein Name, der weltweit fällt, wenn es um das Reparieren oder Neuanfertigen einer Geige geht. Wie ist es dazu gekommen?
Horst Goldfuss: Schon mein Vater Johann Goldfuss hat das Geigenbauerhandwerk erlernt. Mit 13 Jahren trat er bei Mathias Heinicke in Wildstein bei Eger in die Lehre ein. Heinicke galt damals als einer der besten Geigenbauer Böhmens. Nach dem Krieg ließ sich mein Vater in Schwandorf nieder und nahm seinen Beruf wieder auf. Er machte sich schnell einen Namen und die rund 300 Geigen, Bratschen und Celli, die er damals baute, waren vor allem für ihren Schmelz und die Ausgeglichenheit ihres Klangs bekannt. Mein Vater hat mein handwerkliches Talent und meine musikalische Begabung schon früh erkannt und mich an den Geigenbau herangeführt. Ähnlich war es bei meinem Sohn Thomas. Wir haben beide den Geigenbaumeister gemacht und mehrere internationale Geigenbauwettbewerbe sowie Kultur und Förderpreise gewonnen. Bei uns bewerben sich Lehrlinge und Gesellen von Europa bis Asien um eine Anstellung. Dazu hat Thomas den „Golfuss-Premio“ erfunden, einen Steg für Cello und Kontrabass, der den Klang optimiert. Unser Geschäft in der Regensburger Innenstadt führen wir gemeinsam seit 1985.
Welche Kunden gehen bei Ihnen ein und aus?
Horst Goldfuss: Bei uns lassen sich Musiker vom Studenten bis zum Weltstar ihre Geigen reparieren und überholen. Aber direkt ein- und ausgehen tun die nicht. Wir vereinbaren vorab immer einen Termin. Kommen die Kunden von weit her, bleiben die Instrumente für große Reparaturen oder Restaurationen oft länger in der Werkstatt. Nach Fertigstellung der Arbeiten bleiben die Musiker oft noch einige Tage in Regensburg, die Instrumente werden dann noch perfekt eingestellt. Wenn eine Geige repariert ist, soll sie wieder wie neu sein und dazu einen perfekten Klang haben.
Wie erkennt man, ob eine Geige den perfekten Klang hat?
Thomas Goldfuss: Der Klang einer Geige ist etwas Subjektives. Jeder fühlt ihn anders. In China und Europa herrschen komplett unterschiedliche Klangvorstellungen vor. Das muss man als Geigenbauer wissen, um das Instrument richtig einstellen zu können. Und man muss eine Geige auch selbst spielen können, um sie in all ihren Facetten zu verstehen.
Wie lange dauert es, eine Geige zu reparieren oder zu bauen?
Thomas Goldfuss: Beim Reparieren kommt es darauf an, was am Instrument beschädigt ist oder erneuert werden muss. Eine Restauration kann schon mal länger dauern als ein Neubau, vor allem, wenn auch noch Lackierungsarbeiten dazukommen. Da kann man keine Stundenzahl angeben. Für den Bau einer neuen Geige muss man etwa 220 Stunden rechnen. Das Holz, das wir dafür verwenden, muss vorher mehrere Jahre in der Werkstatt ruhen.
Wow, das summiert sich. Diese aufwendige Handwerkskunst hat bestimmt ihren Preis.
Thomas Goldfuss: Ja, wer eine Premium-Violine bei uns kaufen möchte, muss mit einem Preis ab 15.000 bis circa 30.000 Euro rechnen, je nach Auftrag und Ausführung.
In China werden Geigen weitaus günstiger produziert. Wie stehen Sie dazu?
Horst Goldfuss: Ja, das stimmt. Früher war klassische Musik den Leuten am Hof vorbehalten. Nach der Französischen Revolution kamen auch „normale“ Bürger damit in Berührung. Und mit dem Beginn der Industrialisierung und damit der Massenproduktion, konnten sich viele die günstigeren Modelle leisten. Die richtig teuren, die es heute auf dem Markt gibt, sind in der Regel sehr alt und nur in sehr geringer Stückzahl verfügbar. Doch der Markt verändert sich: Viele der historischen und teuren Instrumente gehen in den asiatischen Markt und einfache Manufaktur-Insturmente nach Europa.
Würden Sie sagen, dass ein teures Instrument auch eine Wertanlage ist?
Horst Goldfuss: Auf jeden Fall. Die Wertsteigerung eines alten Instruments liegt zwischen fünf und zehn Prozent pro Jahr. Die teuerste Geige, die jemals versteigert wurde, ist die “Vieuxtemps” von Giuseppe Guarneri aus dem Jahr 1741. Sie hat ihren Namen von ihrem Vorbesitzer, dem Belgier Henry Vieuxtemps (1820-1881), einem der bedeutendsten Geigenvirtuosen des 19. Jahrhunderts. Sie wurde für ungefähr 16 Millionen Dollar verkauft.
Das sind schwindelerregende Preise. So teuer ist eine Geige beziehungsweise Reparatur bei Ihnen glücklicherweise nicht. Können Sie sich darauf verlassen, dass Kunden ihre Rechnung auch bezahlen?
Horst Goldfuss: Ja, da hatten wir bisher noch nie Probleme. Der Markt ist sehr klein. Da kennt jeder jeden. Daher haben wir ausschließlich seriöse und ehrliche Kunden. Auch ein Diebstahl würde sich nicht lohnen, da es sehr schwierig wäre, ein gestohlenes Instrument zu verkaufen.
Thomas Goldfuss: Aber nicht immer läuft es komplett reibungslos. Lassen Sie mich dazu noch eine kleine Anekdote erzählen: Einmal kam ein Japaner mit dem Fahrrad von München zu uns in den Laden. Er hatte gelesen, dass mein Großvater seine Ausbildung bei Mathias Heinicke gemacht hat und wollte fragen, ob wir eine Heinicke-Geige zum Verkauf hätten. Von den dreien, die wir dahatten, hat er sich in eine verliebt. Die sollten wir noch etwas verändern und er wollte sie nach einer Radtour in Tschechien abholen. Als er sie dann abholen kam, hatte er nicht genügend Bargeld dabei, weil man mit Kreditkarte nicht so viel abheben kann. So reichte es nur für die Anzahlung. Am Flughafen hat er dann noch vor der Rückreise den Restbetrag überwiesen.
Gibt es Kunden, an die Sie sich besonders gerne erinnern?
Horst Goldfuss: Oh, da gibt es viele. Aber ein gutes Beispiel ist Arabella Steinbacher. Sie war sechs Jahre als, als sie von uns die erste Geige bekam. Heute wird sie als eine der führenden Solistinnen unserer Zeit gefeiert.
© Manuela Drossard-Peter
Bei Streichinstrumenten fallen besonders die geschwungenen Linien des Korpus und der F-Löcher ins Auge. Edel und verspielt ist auch der Kopf mit der Schnecke gearbeitet. © Manuela Drossard-Peter
Musikinstrumente gelten als Wertanlage. Besonders bei alten Geigen steigt der Wert von Jahr zu Jahr. Thomas Goldfuss bewahrt die teuren Stücke daher sicher in einem Safe auf. © Manuela Drossard-Peter
Auch ein neuer Steg kann den Klang einer Geige verbessern. Über ihn werden später die neuen Saiten gespannt. © Manuela Drossard-Peter
Thomas Goldfuss kennt sich mit alten, wertvollen Streichinstrumenten aus. Hier prüft der Experte den Zustand einer teuren Geige von der Schnecke bis zum Boden. © Manuela Drossard-Peter
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Horst Goldfuss prüft das Haar für einen Geigenbogen. Etwa 170 Haare aus dem Schweif eines Pferdes braucht es. Diese müssen gleichmäßig dick sein und eine gesunde Oberflächenstruktur aufweisen. © Manuela Drossard-Peter
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