Im Schoko-Schlaraffenland
So fein: Nachhaltige Pralinen und Schokolade aus Regensburg
Der Nougat duftet nach gerösteten Haselnüssen und Karamell. Max Wittl zerbricht dünne Waffelplatten, hebt sie unter die gemahlene Creme. Eine dünne Schicht aus zartbrauner Kuvertüre wartet schon auf dem Marmortisch. Gerade ist sie fest genug, um die glänzende Mischung zu tragen, die der Chocolatier darauf verteilt. Zartes Rütteln am Tisch vertreibt jegliches Luftbläschen, das sich noch im Nougat verirrt haben mag. Sobald die beiden Schichten schnittfest sind, geht es weiter.
600 Pralinen entstehen hier. Sie haben noch einen weiten Weg aus der Manufaktur bis in den Mund eines Genießers vor sich. In gleichmäßige Rechtecke geschnitten, wandern sie sacht gerüttelt unter einen Schoko-Wasserfall. Danach stempelt der Chocolatier auf jede Praline ein Muster – exakt identisch. Liebevoll per Hand verpackt treten sie die Reise an. Von der Chocolaterie La Mara im Osten Regensburgs in den Feinkost-Handel oder direkt an die Haustür eines Schoko-Liebhabers.
Weihnachtsmänner zum Vernaschen
Die beiden Konditormeister Max Wittl und Tamara Seidenglanz haben ihre Leidenschaft für gute Schokolade und feine Patisserie zum Beruf gemacht.
Sie leben ihn mit solch einer Freude, dass man am liebsten selbst im Team wäre. „Seit Ende August läuft bei uns immer wieder Weihnachtsmusik“, gesteht Wittl. Die beiden sind stolz, unter den Ersten zu sein, die jedes Jahr die Hochsaison von Ceylon Zimt, Vanille, Nelke und Kardamom einläuten. Mit Zwetschge, Glühwein und Lebkuchengewürz lösen sie die leichteren Aromen des Sommers ab. Grün, zimtfarben und rosa fließen dann Kuvertüren aus dem Portionierer und nehmen in den Tafelformen die Umrisse von Santa Claus an. Maria Carey singt im Hintergrund „All I want for Christmas is You“, man sieht die Santas an und will nicht einen, sondern alle drei. Pistazie, gebrannte Mandel und Himbeer-Brownie – wer könnte sich da entscheiden? Tamara Seidenglanz fühlt es auch: „Es riecht so lecker. Ich könnte jeden Tag Schokolade essen“, gibt sie zu. Man sieht es der zierlichen Brünette nicht an, aber das tut sie tatsächlich. Gerade hat Max ihr eine Tafel „White Tahiti“ gebracht. Eine Neuentwicklung.
„Fehlt noch eine Prise Salz? Ist die Vanille zu fein gemahlen?“ Laufend tüfteln die beiden an Rezepten, spannenden Kombinationen und Design-Ideen. Drei Jahre nach der Eröffnung der Chocolaterie sind 100 eigene Rezepte im Tablet neben der Temperiermaschine gespeichert. Ihre Passionsfrucht-Praline wurde mit dem German Chocolate Award 2024 in Gold ausgezeichnet. Die Himbeer-Praline mit Silber.
Fair für Mensch & Umwelt
Nachhaltigkeit wird bei La Mara groß geschrieben. Konditormeister Max Wittl hat dazu schon Vorträge vor Kollegen gehalten. Der Qualität wegen stammt der Kakao von der Südhalbkugel, die Haselnüsse aus dem Piemont. Der Ökologie wegen kommt der Bio-Rübenzucker aus der Region, bleibt die Verpackung plastikfrei. Wenig Restmüll, gute Rohstofftrennung und Öko-Strom sind selbstverständlich. Vieles wird selbst hergestellt: top für die Qualität und sparsam in Verpackung und Transport.
Ein Vorreiter pflanzlicher Chocolaterie
Auf Instagram verfolgen rund 20.000 Follower, wie bei La Mara kleine Köstlichkeiten entstehen. Dafür tauscht die Chocolatière immer wieder die Spritztülle mit Handy und Computermaus. Sie ist im Start-Up auch für den Online-Versand, Design, Website und Social Media verantwortlich. So drücken die beiden Veganer nebenbei der Welt ihren eigenen Stempel auf: kreativ, verantwortungsbewusst und edel. Einfach authentisch. Statt mit Sahne, Milch und Gelatine entwickelt Wittl Rezepte mit Mandelmilch, mit rein pflanzlichen und besonders fruchtigen Füllungen. „Als gelernte Konditoren machen wir keine Kompromisse beim Geschmack. Jeder soll ein Gaumenfeuerwerk erleben und Lust auf mehr bekommen“, sagt er. „So fanden wir ganz neue Möglichkeiten und – als Bonus – unverfälscht intensiven Fruchtgeschmack.“ Gemischt mit Kakaobutter ergeben Rote Beete, Kalzium oder Kurkuma appetitlich glänzende Dekore. Wie pflanzliche Rezepte handwerklich gut funktionieren, wie es ohne künstliche Zusätze klappt, das hat Max Wittl sich fleißig selbst erarbeitet, gemeinsam mit Tamara erprobt. Und dieses Wissen gibt das Duo nicht nur an Meisterschulen, sondern auch in eigenen Seminarräumen weiter.
Glühwein zum Reinbeißen
Konditor Roland Sorg füllt flüssig temperierte Schokolade in Pralinenformen. Rütteln, kippen, abstreifen. Schon deckt eine dunkle Schicht das gesprayte Dekor ab. Kaum hat er alle Formen gefüllt, sind die ersten trocken und lösen sich als rotglänzende Schokokuppeln mit weißen Sprenkeln vom Kunststoff. Nun ist Tempo gefragt. Wittl füllt routiniert Glühwein-Ganache in jede Vertiefung. Nochmal kurz die Temperatur gecheckt – 29 Grad – perfekt. Ein Grad hin oder her kann in der Produktion den Unterschied zwischen knackig und fest oder zwischen verlockend und verpatzt bedeuten. Mit jahrelanger Übung kann sich der 29-Jährige bei den exakten, feinen Bewegungen sogar entspannen. Er sagt: „Konzentration und Kontrolle muss sein, doch es macht schon Spaß, mit so hochwertigen Rohstoffen zu arbeiten.“
Aus Belize, Peru & Madagascar
Denn die Qualität des Kakaos ist für die Pralinen und Schokotafeln essenziell. „Der Charakter von hochwertiger Schokolade ist je nach Bohnensorte und Umgebung komplett anders“, erklärt die 30-Jährige. Seit das Paar 2023 in Peru die Bauern im Dschungel besucht hat, versteht es noch besser, dass fairer, nachhaltiger Kakaoanbau nicht über Siegel definiert wird. Kakao beziehen sie daher oft direkt von den Kakaobauernverbänden in Madagascar, Ecuador und Peru. Rund drei Tonnen Schokolade im Jahr verarbeiten die Chocolatiers mit ihrem kleinen Team. Sie conchieren Kakao aus Peru für die Jingle Bells Tafelschokolade und verwenden Kakao aus Belize für „Schwarze Vanille“, Max Wittls Lieblingspraline. Er erklärt: „Bei Körpertemperatur schmilzt Schokolade ganz langsam im Mund.“ Ob er Schoko-Dragees föhnt, Kuvertüre temperiert, im Takt der Trocknung arbeitet – der Chocolatier hat es in den Fingerspitzen. Er lächelt: „Für ein perfektes Ergebnis, musst du dich in die Schokolade reinfühlen, die Schokolade sein.“